Student report: Universidad de Almeria, HdM Student

Auslandssemester an der Universidad de Almeria/Spanien, SS 2018, WI-Student, 6. Sem.

ZUSAMMENFASSUNG
Ehrlich gesagt bin ich ohne große Erwartungen in mein Auslandsstudium hineingegangen. Ich weiß noch aus meiner Zeit in Südamerika, dass alle Erwartungen und Vorstellungen, die man sich von vorn herein ausmalt in dem Moment zunichtegemacht werden, in dem man das Flugzeug im Gastland verlässt. Und das ist auch gut so. Auch wenn sich das im ersten Moment etwas negativ behaftet anhört, so soll es das auf keinen Fall sein. Denn das ist für mich die einzige Möglichkeit, mich wirklich auf etwas einlassen zu können. Ich möchte mich nicht Tag für Tag mit dem Gedanken beschäftigen, ob und in welcher Hinsicht meine Erwartungen an Organisation, Kultur und Sprache sich erfüllt haben oder nicht.
Insgesamt bin ich sehr glücklich über die Entscheidung für dieses Auslandssemester. Ich habe viele tolle Leute kennengelernt und auch viel über mich selbst lernen können. Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie sehr ein Auslandsaufenthalt die Menschen verändert. Dieser Veränderung kann man sowohl bei sich selbst, als auch bei anderen beobachten.
An Spanien hat mich vor allem die Offenheit und das Verständnis der Menschen mir gegenüber sehr überrascht und beeindruckt. Ich hatte in den vergangenen Monaten nie das Gefühl, nicht willkommen zu sein oder den Menschen egal zu sein. Ich hatte sowohl auf deutscher, als auch auf spanischer Seite viele Menschen, die sich mir immer wieder als Ansprechpersonen im Falle von Problemen angeboten haben und dafür bin ich sehr dankbar. Auch wenn ich diese Hilfe im Nachhinein nie wirklich in Anspruch genommen habe, so soll das nicht heißen, dass ich sie nicht zu schätzen weiß. Es tut gut zu wissen, dass da immer ein Sicherheitsnetz ist, auf das man sich im Fall der Fälle verlassen kann.
Nichtsdestotrotz war es mein erstes Auslandssemester und ich hatte und habe den Anspruch, zumindest den Versuch zu wagen, das Ganze allein durchzuziehen und kann jetzt von mir behaupten, dass ich das auch geschafft habe. Und genau das erfüllt mich mit Stolz und Zuversicht für zukünftige Abenteuer im Ausland.
 
VORBEREITUNGEN VOR ANTRITT DES AUSLANDSAUFANTHALTS
Private Vorbereitungen auf den Auslandsaufenthalt hatte ich nicht wirklich. Meine einzige Angst bestand darin, dass meine Spanischkenntnisse für ein Studium an einer spanischen Universität nicht ausreichend sein würden. Doch ich wusste, dass ich das einfach auf mich zukommen lassen würde und mich in dieser Hinsicht nicht wirklich darauf vorbereiten würde können, was mich erwartet.
Diese Angst hat sich im Nachhinein als völlig unbegründet herausgestellt, doch dazu später noch mehr. An dieser Stelle möchte ich nur für zukünftige Bewerber anfügen:
Lasst euch nicht von einer Bewerbung für ein Studium in Almería abhalten von der Tatsache, dass ihr Euer Spanisch nicht für gut genug befindet. Die Sprache selbst lernt man im Alltag noch viel schneller als man denkt. Klar hatte ich den Bonus, dass ich schon einige Sprachkenntnisse im Voraus hatte. Jedoch habe ich hier auch genügend Erasmus-Studenten kennengelernt, die ohne jegliche Vorkenntnisse hierhergekommen sind und NIEMAND hat das Semester hier deswegen abgebrochen.
 
STUDIUM IM GASTLAND
Der Einschreibungsprozess und die Kurswahl haben sich als relativ umständlich erwiesen. Das lässt sich aber auch mit der Tatsache erklären, dass wir in dieser Hinsicht vor allem an der HdM von einem unglaublichen Standard verwöhnt sind.
Von vorn herein müssen für die Bewerbung über die Website der Universität bereits Kurse herausgesucht werden, die man während des Auslandsaufenthalts belegen möchte. Das Problem ist hierbei die Website selbst. Ich habe selten eine Website von einer offiziellen Institution gesehen, die dermaßen unübersichtlich und unaufgeräumt ist wie die Website der Universidad de Almería. Einmal gefundene Sachen später wiederzufinden erweist sich als nahezu unmöglich und beinahe sämtliche Kurse, die ich mir zu Anfang ausgesucht hatte, standen mir dann beim eigentlichen Einschreibungsprozess an der Universität überhaupt nicht mehr zur Verfügung. Deshalb macht nicht denselben Fehler wie ich und haltet Euch zu sehr mit der anfänglichen Suche nach den richtigen Kursen auf. Überlegt euch einfach, in welche Richtung ihr grob gehen möchtet und wählt Eure Kurse dann erst bei der endgültigen Einschreibung über die Universität selbst. Niemand wird euch je wieder nach den Fächern fragen, die ihr zu Anfang beim Bewerbungsprozess angegeben habt.
Insgesamt sind es nur relativ wenige Kurse, die von der Universität sowohl auf Englisch als auch auf Spanisch angeboten werden. Wenn ihr aber zumindest bruchstückhafte Vorkenntnisse im Spanischen habt, dann lasst Euch nicht davon abhalten, auch Kurse auf Spanisch zu belegen. Klar ist es am Anfang nicht leicht, die Professoren in den Vorlesungen zu verstehen (was aber vor allem auch am andalusischen Akzent liegt), aber ihr verbessert Euer Verständnis der Sprache ungemein. Das sind zumindest meine Erfahrungen. (Anmerkung: Anscheinend gibt es ein Gesetz in Spanien, das besagt, wenn ein Kurs in Englisch angeboten wird, muss in jedem Fall ein zweiter mit gleichem Thema auf Spanisch angeboten werden)
Das Studiensystem selbst ist relativ ähnlich zum deutschen. Die Kurse geben meistens 6 ECTS und die Vorlesungen dauern abhängig von Vorlesung zwischen einer und zwei Stunden. Zumindest die Bachelorkurse finden zum großen Teil bis 14 Uhr statt, sodass man nachmittags wahlweise noch relativ viel Zeit zum nacharbeiten hat oder am Strand verbringen kann.
Freizeittechnisch bietet die Organisation ESN von der Universität aus vor allem an den Wochenenden Ausflüge in die nähere aber auch weiter abgelegene Umgebung. Die Preise sind recht günstig und die Teilnehmerzahlen meist recht hoch. Die Ausflüge selbst sind meistens mit starker Übernächtigung und viel Alkohol verbunden, aber man lernt immer einen Haufen Leute kennen.
Ansonsten kann ich nur jedem empfehlen, sich im Sportzentrum der Universität für wenige Euros die Sportkarte zu besorgen. Mit dieser kann man das Fitnessstudio und das Schwimmbad der Universität kostenlos nutzen und bekommt vergünstigte Preise für die Aktivitäten, die vom Sportzentrum durchgeführt werden. Und diese Aktivitäten lohnen sich wirklich! Mit dabei sind unter anderem Kajak fahren, tauchen, schnorcheln, wandern, ein Ausflug zum Caminito del Rey (einfach mal googlen, einen Ausflug in diese Schlucht kann ich wirklich jedem ans Herz legen!)
Auch die Universität selbst organisiert viele Festivitäten, die man sonst so vielleicht von einer deutschen Hochschule oder Universität nicht unbedingt kennt. So gab es zum Beispiel eine Messe, auf der alle Erasmus-Studenten tätig waren und für ihr jeweiliges Land einen Stand vorbereitet haben, an dem es dann ländertypische Köstlichkeiten oder andere Dinge gab, um das Land zu repräsentieren. So kam ein kunterbunter Kulturmix zustande und der interkulturelle Austausch wurde gefördert.
Die Unterstützung durch die Universität war in jeder Lebenslage vorbildlich. Man muss zwar immer damit rechnen, dass alles ein wenig länger dauert (böse Zungen behaupten, dass die spanische Arbeitsmoral auch vor der Universität nicht Halt gemacht hat), aber letztendlich bekommt man doch immer, was man gerade braucht. Mails wurden (meist) recht zügig beantwortet, und es wurde vom persönlichen Betreuer immer an einen passenden Ansprechpartner verwiesen, der dann weiterwusste. Auch in dieser Hinsicht also: Daumen hoch!
 
AUFENTHALT IM GASTLAND
Ich habe meinen Aufenthalt in Spanien wirklich unglaublich genossen und kann jetzt in meinen ersten Tagen wieder hier in Deutschland schon sagen, wie sehr ich das Land bereits vermisse. Egal ob Essenskultur, die Menschen im Allgemeinen oder auch die Landschaft Spaniens – ich habe jeden einzelnen Teil dieses Landes ins Herz geschlossen und zähle jetzt schon die Tage, bis ich wieder nach Spanien zurückkehren kann.
Zunächst zu einem Punkt, der wohl die Studenten mit am meisten interessiert: das Geld. Der Lebensunterhalt selbst ist in finanzieller Hinsicht doch stärker mit Deutschland vergleichbar, als ich zunächst angenommen hatte. Die Preise für Lebensmittel in den Supermärkten sowie für Kleidung sind den deutschen Preisen sehr ähnlich. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem man auf die an den Wochenenden stattfindenden Märkte geht. Hier gibt es eine schier unzählbare Menge an (teils exotischem) frischem Obst und Gemüse zu unglaublichen Preisen. Wie diese günstigen Preise zustande kommen, konnte ich leider nie in Erfahrung bringen. Ich spekuliere aber, dass Obst und Gemüse aus dem sehr nahe gelegenen Marokko importiert werden und daher deutlich günstiger verkauft werden können.
Spanien ist unter anderem sehr bekannt für seine Esskultur – und Almería ist prädestiniert dafür, diese Kultur in vollen Zügen zu erleben. Gerade die Tapas sind in Andalusien sehr weit verbreitet. Jedoch ist es nur in Almería so, dass man zu jedem Getränk auch noch eine Tapa umsonst bekommt. Das bedeutet, dass man für etwa 2.-€ - 3.-€ ein Getränk mit kleinem Essen bekommt. Das ist nicht selten sogar günstiger, als einfach selbst zu kochen. Gerade wenn man in einer größeren Gruppe essen geht, macht das Tapas-Restaurant wirklich Spaß. Man isst zusammen, trinkt zusammen und hat zwischen den Tapas immer genügend Zeit, sich ausführlich zu unterhalten. Und das für etwa 10.-€ pro Abend pro Nase! Für mich persönlich unbegreiflich, warum es dieses Konzept bisher nicht nach Deutschland geschafft hat. Aber wer weiß – vielleicht kommt das ja noch!
Auch sonst ist das Leben in Spanien sehr entspannt. Die Berge im Rücken, den Strand und das Meer direkt vor der Nase, das ist eine Situation, an die man sich wirklich gewöhnen könnte. Morgens kann man mit dem Rad gemütlich zur Vorlesung radeln, nachmittags legt man sich in der prallen Sonne an den Strand und kühlt sich ab im (wirklich ungewöhnlich klaren) Wasser. Aber auch private Ausflüge in die nahegelegenen Nationalparks lohnen sich ohne Zweifel. Hier sind die Strände weniger überlaufen, der Sand noch feiner und das Wasser noch klarer. Gerade der Nationalpark Cabo de Gata sollte hier genannt werden.
Ansonsten gibt es Einkaufsmöglichkeiten an jeder Ecke und eine niedliche kleine Innenstadt, die zum ein oder anderen Bummel einlädt. Auch sonst ist alles überraschend grün gestaltet und mein Fotografenherz hat sich immer wieder über die kleinen Details wie die hübsch zurechtgeschnittenen Bäume in der Innenstadt gefreut. 
PRAKTISCHE TIPPS FÜR NACHFOLGENDE STUDIERENDE
Was kann ich nachfolgenden Studierenden mit auf den Weg geben? Tut es, bewerbt euch! Es macht wirklich Spaß und das Auslandssemester gibt euch eine Möglichkeit zum Kulturaustausch, die ihr nach eurem Studium auf die Art und Weise vermutlich nicht noch einmal wahrnehmen könnt.
Macht euch von vorn herein nicht zu viel Stress mit dem Organisatorischen, letztendlich fügt es sich von ganz allein. Egal, ob es die Wahl der Fächer an der Universität oder auch die Wohnungssuche in Almería betrifft, es ist immer jemand da, der euch unter die Arme greift, sollte es je nicht so laufen, wie ihr es euch vorstellt.
Und wenn ihr dann vor Ort seid, dann gebt euch Mühe, dass euch das Unileben nicht komplett vereinnahmt. Nehmt euch Zeit zu reisen, Menschen kennenzulernen und die Welt mit euren Freunden zu erkunden. Meiner Meinung nach ist es wichtiger, die Kultur und die Menschen eines Landes kennenzulernen, als nur gute Noten in diesem Land zu schreiben. Denn nur dadurch gewinnt ihr an Menschenkenntnis und Lebenserfahrung.
Also, zögert nicht länger, schreibt eure Bewerbung und macht die Erfahrung eures Lebens.
Ich drücke euch die Daumen!